Radreise in Australien – Südwest

Radreise in Australien – Südwest

März 7, 2017 0 Von Pio

04.02. – 07.03.2017

Knapp sieben Stunden Flug stehen bevor. Ich bestaune noch ein letztes Mal die Südinsel Neuseelands. Diesmal von weit oben aus der Vogelperspektive. Ruckzuck ist der Flieger von der Ostküste an die Westküste angelangt. Besonders ins Auge fällt mir der „Pukaki See“ auf, mit seiner extrem türkisenen Farbe. Dort verbrachte ich eine sehr –sehr- schöne Zeit in den letzten Tagen meiner Neuseeland Tour.
Paar Stunden später komme ich in Perth an. Gepäck unversehrt erhalten, montiere ich Shui wieder zusammen und genieße noch die letzten Sonnenstrahlen. Am Radweg geht es Richtung City und zu meiner Gastgeberin „Fiona“. Ungefähr elf Kilometer folge ich dem ausgeschilderten Weg. Sie wohnt fast direkt an dem Radweg.
Mit einem großen Lächeln und „Welcome to Australia“ werde ich in ihrer Einfahrt begrüßt. Die ersten Momente in dem neuen Land verlaufen wie man es sich nur wünschen könnte. Wegen der Zeitverschiebung bin „ich“ bereits paar Stunden im Voraus und eigentlich schon im Schlaf, das spüre ich auch. Ein Australisches Bier und schöne Gespräche eher ich mich niederlege. Echt schön hier zu sein, denke ich mir…

Am nächsten Tag erkunde ich Perth mit Shui. Ich fahr einfach dem „Swan“-Fluss entlang Richtung Stadtmitte und bekomme so einiges Neues zu sehen. Flora und Fauna, organisierte Gärten, das Leben an sich und eine neue Großstadt für mich. Eigentlich sollte hier jetzt der Hochsommer das Klima beherrschen, jedoch wie auch schon in Neuseeland, ist es überraschend kühl. Die Einwohner sprechen von zehn Grad weniger im Durchschnitt als gewöhnlich. Sprich, nicht 40 Grad sondern „nur“ 30. Auch mehr Regen als sonst.
Ich cruise umher, bleibe des Öfteren Stehen und Schaue mich um. Es gefällt mir. Es ist Sonntag, kaum Verkehr. Die Großstadt wirkt als wäre sie ausgestorben. Ich bekomme die Info, dass Perth nur von Montag bis Freitag belebt ist. Am Wochenende ist sie leer, denn da fahren die „ArbeiterInnen“ nach Hause.
Perfekt zum Radfahren in der Stadt. Auch die Temperatur. Im „Kings Park“ verbringe ich eine Weile mit umherschauen und relaxen. Anschließend fahre ich zu einem besonderen Laden (Kakulas Brothers) mit Nahrungsmitteln. Dort bedient man sich aus Säcken oder Eimern. Verpackungen sind Plastiksäcke, die in verschiedenen Größen aushängen oder man bringt seine Eigene mit. Ich befülle meine Radtasche mit verschiedenster Trockennahrung für knapp zwei Wochen, wie ich mir ausgerechnet habe.

Ich möchte den „Munda Biddi Trail“ befahren. Mit seiner Distanz von ca. 1050 Km ist er der längste zusammenhängende (- ausgeschilderte) Offroad-Weg auf der Welt. So die Werbung in einem Magazin. Von Mundaring nach Albany durch Busch und Wald.

Paar meiner Sachen lasse ich bei Fiona zurück und bepacke Shui nur mit der notwendigsten Ausrüstung. Ich bekam die Info, dass es zwar unterwegs auch Supermärkte geben würde, jedoch nur mit spärlichem Angebot. Vor allem die auf der ersten Hälfte des Trails. Deswegen war es für mich wichtig, sich mit der Trockennahrung auszustatten, die mich ordentlich mit Kräften unterstützen würde. Bohnen, Linsen, Erbsen, Reis, Roggenflocken und allerlei Trockenfrüchte und Gewürze dominierten meine beiden Vorderradtaschen.

So ging es bereits am nächsten Morgen los. Erstmal von Perth nach Mundaring. Dort kaufe ich frische Ware wie Zwiebeln, Tomaten, Gurke, Paprika, Äpfel, Bananen und eine Mango für die kommenden drei Tage. Ausgerechnet an diesem Tag zeigt sich der Sommer in seiner originalen Form und schießt die Temperatur auf 42 Grad. Na Servus! Im Wald und mit Fahrtwind ists aber gut auszuhalten, nur Stehenbleiben ist so ne hitzige Sache.

Von Mundaring bis zum ersten „Camping Platz“ sind es ca. 40 Km. Der erste Teil ist super zum Befahren und ich komme gut vorwärts. Im zweiten Teil wird’s stellenweise ordentlich krass. Ich komme an meine Grenzen und muss Absteigen, Durchschnaufen, Schieben, Rasten, Schieben. Das Gelände und auch die Fahrspur variieren oft. Mal flach mal extrem steil. Mal breit mal sehr eng und oder mit tiefen Wasserrinnen, an denen ich mit meinen Gepäcktaschen stecken bleibe. Mit Schieben jedoch alles machbar. Nicht zu vergessen die Hitze! Uuuuuuund die Spinnennetze!

Am Nachmittag komme ich ziemlich erschöpft am Lager an (angelegte kostenlose Camping Plätze mit großzügiger Hütte, Toilette und jeweils zwei Regenwasser-Zisternen. Diese sind meist so stationiert, dass man Tagesetappen von 35 bis 90 Km fahren kann). Ich stelle fest, dass mir irgendwo am Trail gleich zwei Speichen gebrochen sind. Zum Glück hab ich alles mit und kann diese recht flott ersetzen.

Drei andere Radfahrer aus Perth-Umgebung verweilen hier auch die Nacht. Sie aber unternehmen eine zweitägige Radtour. Zu viert verbringen wir also den Abend mit Gesprächen, Tisch-Hand-Becher-Klatsch-Musik und leckerem Camping-Essen. Morgens nach dem Frühstück geht es weiter entlang des markierten Weges zum nächsten Camping Spot, der bereits nach weniger als 40 Km zu erreichen ist.

Die Fahrweg-Konditionen unterscheiden sich so stark und oft, dass man nicht sagen kann welche Etappe schwierig ist und welche einfach. Zwar erscheint in den speziellen Karten (hab ich mir von Fiona ausgeliehen) eine Art Einstufung zwischen „Easy, Middle, Difficult/Challenging“, diese jedoch belaufen sich auf die Info der Steigung, nicht des Untergrunds.
So gibt es unter anderem tiefen Sand, „Peagravel“-australischer Schotter welcher wie kleine Kügelchen aussieht (und sich auch so anfühlt), belegt mit rutschigen Blättern, Spurrillen, Waschbrettern, voll mit kleinen fiesen Ästen, uvm..

Am dritten Tag, meinem Geburtstag, fing der Trail dann so richtig an. Ganz viel Leben im Busch und Wald. Kängerus, Wallabies, Emus, zig bunter Vögel und Spinnen in Groß und Klein. Sehr lebendig wars ab dem Tag. Eine sehr schöne Geburtstagsfeier hatte ich (und nicht alleine).

Jeder Tag bis nach Albany war sehr unterschiedlich obwohl es täglich durch ähnliches Gefilde ging. Die Gerüche der Bäume, meistens Eukalyptus, waren so intensiv, dass ich glaubte durch einen riesigen Medizinschrank zu fahren. Die Vogelgesänge verzauberten die Umgebung in einen Konzertsaal. Nur die Spinnenweben, durch die ich sehr oft durchgefahren bin, waren eher unangenehm. Manche waren so stark, dass ich sie „reißen“ hörte und spürte. Vor zwei riiiiießigen Netzen blieb ich gerade noch stehen. Unübersehbar war das Netz und in der Mitte die große Rot-Graue Spinne. Mit mulmigen Gefühl und einem Ast machte ich den Weg wieder „passierbar“.

Ganz unüblich für diese Jahreszeit, gab es plötzlich einen Wetterumschwung. Die hohen Temperaturen gingen herunter auf nur mehr 11 bis 15 Grad. Begleitet von starkem Regen. Einen halben Tag fuhr ich somit ziemlich durchnässt durch das Gebüsch eher ich in einem kleinen Städtchen namens „Dwellingup“ ankam. Dort informierte ich mich nach dem Wetter für die nächsten Tage. Leider keine Besserung in Sicht. So schmiede ich den Plan, anschließend zu der knapp 30 Km entfernten Hütte zu fahren und dort einen Tag zu rasten. Im trockenen und gemütlichen wartet es sich angenehmer.
In dem öffentlichen (und kostenlosen) Camping Spot am Munda Biddi Trail, nutze ich die Zeit besonders um meine Ausrüstung zu reparieren und Shui ordentlich zu pflegen. Zusätzlich tat es gut Buch zu lesen, neue Camping-Rezepte auszuprobieren oder einfach dem Regen zu zuhören.

Mit dem Regen und Wind fielen eine enorme Menge an kleinen Ästen auf den Boden. Ab nächstem Morgen wurde die Fahrt also noch etwas anspruchsvoller. Meine größte Sorge dabei war das „Abbrechen“ meines Schaltwerks (sollte sich ein so kleines Ästchen im Antrieb verhängen). Stattdessen ist erstmal mein vorderes Schutzblech gebrochen und nicht lange später komplett abgerissen. An Tagen mit besonders viel Achtsamkeit war ich mehr Müde von der Konzentration als vom Radfahren selber.

In „Pemberton“ war für mich so ne Art Halbzeit. Für zwei Nächte gibt es „noch“ keine Hütten entlang des Trails und so muss man sich selber darum kümmern wo man nächtigt. Ich wählte den öffentlichen Swimmingpool in Pemberton und campierte dort nebenan. Mit drei Franzosen, die als Saisonal Arbeiter unterwegs sind und hier auch campierten, verbrachte ich den Abend mit sehr interessanten Gesprächen über dies und das. Am folgenden Tag passierte dann so einiges.

Ganz in der Früh stieg ich auf einen der höchsten Bäume West Australiens, den „Gloucester Tree“. Mit einer Höhe von 72 Meter ist er der welthöchste Baum zur Brandausschau. Wieder unten angelangt fällt mir meine Sonnenbrille (mit Sehhilfe) auf den Holzboden. Beim Aufheben merke ich, dass ein Bügel fehlt. Ooooh Nooo! – der liegt im Spalt! Mit Taschenlampe mache ich ihn ausfündig und probiere ihn herauszufischen.

Eine kleine Gruppe aus Taiwan möchte auch den Baum besteigen, sehen aber mich am Boden irgendetwas im Spalt zu suchen… und helfen mir sofort ohne ein Wort auszusprechen. HA HA HA HA (Das muss ausgesehen haben!)

Nur eine Person der Gruppe spricht Englisch, so kommunizieren wir weiter. Meine wenigen Worte Mandarin erheitern die Stimmung aller Zuschauer. Mit einem kleinem „Lasso“ fische ich und ein älterer Herr also nach dem Bügel. Nach paar Minuten geschafft. Alle atmen auf und Klatschen. Ich stelle fest, der Bruch ist irreparabel. Dennoch klebe ich es provisorisch zusammen und setze sie fest in meinen Helm (später kontaktiere ich den Hersteller und Optiker wegen einem Bügel-Ersatz).
Wieder am Trail entlang, geht’s so richtig schön leicht gefällig links und rechts durch die Bäume. Ich hab so richtig Spaß. Bei einer Kurve: Geschwindigkeit zu hoch, rutschige Blätter und kleine Äste am Boden, Gewicht in den Vordertaschen… Batsch! Ich rutsche dahin und liege unterm Shui. Ich stehe auf und schau mich von oben bis unten an. Paar Kratzer, kein Blut, passt! Ich spüre aber Druck am Oberkörper. Also „Fein-Abtasten“ ob wo was mehr weh tut. Okay, eine Rippe. Ich checke konzentriert meinen „Gesundheitsstatus“: Puls, Schwindel?, Licht/Schatten- Empfinden, Passt. Dennoch, eine Rippe tut weh- Atmung aber okay. Ich fahre weiter.

Beim Fotografieren merke ich, dass ein Teil der Camera fehlt. Entweder beim Sturz oder sonst wo verloren… Schade, dennoch bleibt die Funktion ungestört. Mal wieder bleibt ein kleiner Ast zwischen Reifen und mittlerweile reparierten Schutzblech stecken – erneut bricht er und reißt schließlich wieder ab. Dann, dass was ich eigentlich nicht erleben wollte. Eine Schlange mitten am Weg. Ich bin viel zu schnell unterwegs, dass ich noch Bremsen könnte, bzw. ich habe sie so spät bemerkt, dass ich es nicht mehr „erbremst“ hätte. Im Reflex hebe ich die Beine und rolle drüber ohne mich umzuschauen. Ich war hellwach und geladen voller Hormone!

Nach paar Kilometern komme ich in „Northcliffe“ an, das Ende der Tagesetappe. Ich erfrage erstmal die Art der Schlange: „Tigersnake“ – unten gelb oben dunkelbraun/schwarz (=giftig). Verdammt! Glück gehabt!

Dann erkundige ich mich nach einem Arzt zu dem ich schauen möchte wegen meiner Rippe. Im Wartezimmer, frage ich mich was ich hier eigentlich mache. Schließlich geht es mir hervorragend, nur die Rippe schmerzt. Ich kenne auch die Diagnose. Ich checke nochmal meinen Puls, atme konzentriert tief ein und aus und verlasse somit die Praxis.
In Northcliffe gibt es paar schöne Picknick-Plätze mitten im „Karri“-Wald. So heißt die Baum Art, die bis zu 80 Meter hochwächst. Die frei verfügbaren Erholungsorte sind super organisiert, jedoch gibt es hin und wieder mal ein Verbot der Benutzung aufgrund von Busch-/Waldbrandgefahr. Regenwasserzisternen, Tische und Bänke, Dach, Toilette, Mülleimer und das allerbeste: ein Gasgrill mit nur einem Knopf zum Einschalten. Nach einer Zeit von ca. acht Minuten dreht sich das Gas ab. Man kann anschließend den Knopf wieder betätigen. Das finde ich echt toll!
Da ich diesen Platz bereits kurz vor Northcliffe gesehen habe, kaufte ich im Ort mal anderes frisches Gemüse ein als sonst. Kartoffeln, Auberginen und Zuchinis – perfekt am Grill. Ein Essens-Gedicht wird darauf gezaubert. Mhmmmm!
Am Morgen gibt es statt dem gewohnten Roggen-Müsli, Toast und Rühreier vom Grill. Leute!!!! Sooooo gut! Ich bin voll gestärkt und rolle los Richtung „Walpole“. In zwei Tagen möchte ich dort ankommen. Die Fahrt geht weiter durch dichtes Gebüsch, gigantische Bäume, zig Spinnennetzen, holprigen Wegen und knietiefen Pfützen.

Wie sonst täglich gibt es auch an diesem Tag eine Hürde zu bewältigen. Quer liegende Baumstämme. Entweder gibt es schon einen ausgetretenen Pfad herum oder der Baum liegt erst seit Kürze und so kämpfe ich mich durchs Gestrüpp um den Kolos. Im Monat Februar – der heißeste Monat – wird der Trail eigentlich zur Gänze gemieden. Nachlesen kann ich dies auch in den Log-Büchern der Hütten. Man kann die Besucher noch Jahre zurück nachlesen. Dort finde ich auch meine Gastgeberin „Inge“ aus Neuseeland wieder.
Im Schnitt fahren im Februar max. eine Person diesen Trail. Januar ist am Ausklingen und ab Mitte März wird’s wieder lebendiger. Das Eintragen in diese Bücher dient dem Zweck der Ortung bzw. Eingrenzung bei evtl. Personensuche. Reine Sicherheitsmaßnahme in diesem gigantischen und nicht ungefährlichen Gefilde.

In Walpole komme ich ziemlich erfreut an. Etliche Kilometer Sand-„Straße“ habe ich hinter mir. Oft ging nur schieben, dass nicht besonders einfach war, denn das Vorderrad versank ständig im Sand und bannte sich den eigenen Weg.

Hier genieße ich erstmal frisches Obst und zur Abwechslung eine Aussicht auf das Meer und zwei voluminöse Pelikane. In Florida vor paar Jahren war ich solchen bereits begegnet, allerdings bin ich diesmal aufs Neue verblüfft, dass sie SOOO groß sind. Edle Tiere!
Noch für paar Kilometer kann ich dem Weg entlang des Meeres fahren eher ich wieder Richtung Wald einbiege. Heute möchte ich nicht mehr so weit treten und entscheide mich für den „Monastery Jetty“- Picknick Platz am „Frankland River“. Auf der Karte ist es eindeutig zu sehen, dass dieser von den Hügeln kommt und groß genug sei, nicht auszutrocknen. Ich plane also eine geringe Wassermitnahme aus der Stadt ein. Am Nachmittag erreiche ich den sehr schönen Platz und genieße ein erfrischendes Bad in der natürlichen Umgebung. Der Platz heißt deswegen „Monastery Jetty“, weil bei der Erkundung des Gebietes, die unglaubliche Stille aufgefallen ist – eben wie in einer „Monastery“ – Kloster zu Deutsch.
Beim Eintauchen in das kühle Nass merke ich tatsächlich, dass es ziemlich salzig schmeckt für einen Frischwasser Fluss. In der Tat: Der Fluss mündet im Meer und das Meer heute und wohl auch schon die letzten Tage wellig. Eine neue – weitere- Erfahrung mache ich somit. Zum Abendessen zubereiten ist das bisschen salzig schmeckende Wasser nicht störend, jedoch für meinen Tee ist es ungenießbar. Ich überlege ob das mitgebrachte Trinkwasser bis zur morgigen Hütte reichen würde und stimme mich recht zuversichtlich.

Es ist immer wieder eine große Freude nach einer Tagesetappe an so einer angelegten – perfekt organisierten – Hütte anzukommen. Ich fühle mich pudelwohl und genieße das Ambiente der Natur so richtig vollkommen. Mit den Tagen kam ich in die Gegend der Stadt „Denmark“. Wuuuunderschöne Küstenlandschaft mit türkisfarbigem Wasser. Schleppend komme ich voran, zu schön die Umgebung. Zusätzlich unterhalte ich mich ziemlich lange mit Radsportbegeisterten Einheimischen. Es tut gut, sich auch mal wieder im sozialen Gefilde zu bewegen.
In der Stadt, erledige ich den gewöhnlichen Ablauf – frisches Obst, Gemüse und Benzin für den Kocher Einkaufen. Trinkwasser auffüllen und sich mit dem Internet verbinden um Nachrichten auszutauschen. Danach geht’s auch schon weiter ins Dickicht – mit großen Augen, denn in Kürze wechseln gleich drei „Tigersnakes“ den Wegesrand. Oh maaannnn!

Ab „Denmark“ sind es nur mehr eineinhalb Radtage bis nach Albany und somit auch zu meinen Gastgebern „Beth und Denis“. Beide in Rente aber SEHR beschäftigt, wie sie sich selbst mit einem Grinser bezeichnen. Ich bleibe bei ihnen für drei Nächte eher es zurück nach Perth geht. In dieser Zeit erfahre ich vieles Neues, erkunde die Stadt und Umgebung zusammen mit Denis, schwimme im glasklarem Wasser und staune nicht schlecht über das Alltags-Programm der beiden (jeweils über 70 Jahre „alt“/erfahren). Sie, Beth, führt Yoga-Klassen, fährt dreimal in der Woche morgens Rennrad mit einer Gruppe, lernt Chello und Französisch und ist abends ehrenamtlich im Theater behilflich. Er, Denis, fährt jeden Tag (egal welches Wetter) mindestens seine 40 Km mit seinem High-End-Rennrad und hilft auch beim Theater. Beide stehen täglich vor 6 Uhr auf und leben ihr „Programm“. Als ich am ersten Abend vorschlage für sie das nächste Abendessen zu kochen, sagt Beth: „Welch eine wunderbare Idee aber warte mal, ich muss erstmal unseren Terminkalender checken.“ Sie holt ihr Tablet und checkt den gemeinsamen Online-Kalender in Windeseile. „Ja, passt, da haben wir noch nichts vor. Um wieviel Uhr? Ha ha.

Bei ihnen erlebe ich eine sehr nette Geste einer großen österreichischen Firma. Von Unterwegs hatte ich bei dem Hersteller meiner Brille und Optiker – Hartlauer, wo ich sie gekauft habe, angefragt, ob es möglich wäre, das gebrochene Stück via Post zuzusenden. Beide verfügen nicht über diesen Service aber „Hartlauer“ bot mir an, eine Ausnahme zu machen und mir helfen zu wollen. Ich möge eine Adresse zukommen lassen, bezahlen sollt ich die Bügel plus Versand, wenn ich mal wieder in Wien bin. Fürs erste denke ich mir, wow, nicht schlecht, super! Dennoch überlege ich und frage erstmal per Email zurück, mit welchen Kosten ich zu rechnen hätte.

Zwei Tage vergehen ohne Antwort und da ich nicht mehr lange in Australien sein werde und für später keine feste Adresse angeben kann, entscheide ich bei der Dame via „Skype“ anzurufen. So frage ich nach den Kosten, die mich erwarten würden. Auch sie ist überfragt und bittet mich kurz zu warten. Schließlich bekomme ich als Antwort (und ich fühle, dass sie lächelt), dass sie mir eine komplette Brille kostenfrei zuschicken werden, so wäre das am einfachsten. Ich bin sprachlos! Das lasse ich sie auch wissen und sie schmunzelt zurück mit den Worten: „Es freut uns, wenn wir sie glücklich machen können, einen schönen Tag noch!“. WOW! Ich bin überwältigt und voll happy!

Die entspannende Zeit bei Beth und Denis, vergeht recht zügig und ich sitze wieder auf Shui und fahre gen „Pemberton“. Sprich retour nach Perth mit Umwegen. In zwei Tagen erreiche ich den kleinen Orten und campiere wieder beim Swimmingpool. Diesmal im Gepäck wieder Gemüse, dass sich gut am Grill macht. Denn auch hier gibt es so raffinierte Gas-Grills. Von hier geht’s dann westlich nach „Margaret River“ und zu vielen bekannten Weinanbaugebieten. Ich habe es seit zwei Tagen mit Temperaturen über 40 Grad zu tun. Sorgfältig plane ich daher meinen Wasserhaushalt und nehme lieber mehr mit als ich tatsächlich brauche. Shui ist schwer aber rollt wunderbar dahin. Nur mehr auf Asphalt bin ich unterwegs. Kaum Verkehr und genauso viel Schatten – eben gar keiner. Als einzige Abkühlung dient der Fahrtwind und ein „kühler“-Kopf indem ich immer wieder Wasser über mich gieße.

In „Yallingup“ genieße ich vorerst den letzten Kontakt zum Meer, denn ab hier geht es über „Busselton“, „Boyanub“, „Harvey“ und „Pinjarra“ dem einfachen Highway entlang. Hin und wieder gibt es aber auch Radwege die nebenherlaufen.

Für das allerletzte Stück, plane ich zwei Nächte in einer der „Munda Biddi Trail“-Hütten zu verbringen und in vollkommener Abgeschiedenheit so meinen Bericht zu schreiben und meine kurze aber äußerst lehrreiche West-Australien Tour zu reflektieren. Leider ist die Hütte komplett besetzt. Bienen haben sich einquartiert! Lautstark schwirren sie umher. Zusätzlich und da verstehe ich die Kombination nicht, unzählige Fliegen UND Moskitos. Definitiv bleib ich hier morgen nicht.

Trotz der Bienen gelingt es mir – ohne belästigt zu werden – aus den Regenwasser-Zisternen Wasser abzufüllen und mein Lager nebenan, wo weniger „los“ ist, aufzubauen. Früh morgens bin ich startbereit und verlasse den stark belebten Platz. Neuer Plan: in der nächsten Ortschaft kontaktiere ich „Fiona“, meine Gastgeberin in Perth und frage ob es Okay ist, wenn ich einen Tag früher komme. „Of course, here is enough space!“ – „Selbstverständlich, hier ist genug Platz!“ sagt sie nur dazu. Somit nehme ich Fahrt auf Richtung City. Entlang verschiedenster Radwege erreiche ich ihr Haus am Nachmittag und fühle mich wie „Zuhause“ angekommen zu sein.

Sie ist recht neugierig über meine Erlebnisse der letzten drei Wochen und ich bin erfreut, Erzählen zu dürfen. Bei gutem Essen, Wein und „Singzikaden-Konzert“ klingen wir den Abend in ihrem Garten aus. In den letzten Tagen vor Abreise, erkunde ich zusammen mit ihr noch die reizende Küstenstadt „Fremantle“, bade im Meer, lese mich ein über das nächste Reiseziel und organisiere mein Gepäck.
Wie die Zeit vergeht… Am letzten Abend genießen wir gutes Bier, dass ihr Freund selbst braut, packen mein Zeugs zusammen und schnallen alles an Shui fest. Ich lege mich bereits früh am Abend schlafen, denn um 2 Uhr Früh geht’s bereits zum Flughafen. Welch eine schöne nächtliche Fahrt. Temperatur von 21 Grad, kaum Verkehr und alles gut beleuchtet. Ich genieße es und bin glücklich – es geht nach T A I W A N!!
Am Flughafen richte ich erstmal mein Box noch aus Neuseeland auf, demontiere Shui und verpacke ihn und das restliche Gepäck. Auf geht’s, nach Asien! Endlich wieder mal Asien und eeeendlich Taiwan! Bereits 2007 war ich knapp davor, die Insel zu entdecken, jedoch entschied ich mich für China, später für die USA und noch später hatte ich versucht, die Insel irgendwie in andere Trips einzubauen, doch dann war die Zeit knapp. Jetzt, wo ich in der „Nähe“ bin, wollte ich es nicht noch länger hinausschieben. So here I go…

Wie schreibt es „Paulo Coelho“ so treffend:
»Eines Tages wirst du aufwachen und keine Zeit mehr haben für die Dinge, die du immer tun wolltest. Tu sie jetzt.«

Stand:
7.106 Km
391:36 h
71.820 Hm

Herzlichst,

Piotr

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