Radreise von Chengdu nach Hongkong
8.11. – 17.12.2009
Nach Hongkong sind es \“nur\“ noch 2000km, spässelte ich zu meinen Newsletter-Abonennten. Nicht besonders viel \“eigentlich\“! Es stellte sich jedoch als das härteste Stück der gesamten Reise heraus. In Chinas sehr dichtbesiedeltem Süden und Südosten wirds sehr eng auf der Straße. Die Luftverschmutzung enorm hoch. Der Verkehrslärm weit über ertragbar hinzu kommt noch der Dreck auf den Straßen selber. Schlimmer wirds, wenn es dazu noch regnet oder gar schneit. Dann verwandelt sich die Näse auf den Straßen in eine schwarze Brühe. Alles neben und auf den Straßen wird durch die Schwärze bedeckt. Auch ich wurde eingefärbt! Meinen gesamten Antrieb des Rades, musste ich ständig reinigen, weil der Dreck meine Kette zum stocken brachte. Damit man sich die Situation auf den Straßen vorstellen kann: Lautstärke wie in einer Disco, dreckig wie bei einer Schlammschlacht und eng wie beim Quelle-Ausverkauf.
Von der Landschaft habe ich die ersten Tage nachdem ich Chengdu, nach ca. zwei Wochen Aufenthalt verlassen habe, nicht viel gesehen. Die Luftverschmutzung ist so hoch, dass man ständig in einem Nebel fährt. Es waren zwar sonnige Tage, doch von ihr habe ich nur eine helle Fläche gesehen, mehr nicht! Begleitet durch meine Freunde ich Chengdu, erreichte ich am selben Tag den 180km entfernten Ort Emei. Der auch für den heiligen Berg EmeiShan bekannt ist. Man kann zwar seine Höhe von über 3000m rauf\“wandern\“ jedoch nur auf Treppen. Das wollte ich dann doch nicht. Für mich war es wichtiger im Nebenort names \“LeShan\“ mein Visa ordentlich zu verlängern. Zum Glück kein Problem und ich bekam es am nächsten Tag. Nun konnte ich 30 Tage länger in China bleiben. Manch andere haben in diesem Jahr nur 15 Tage bekommen. Aus welchen Gründen auch immer. Diese \“Gesetze\“ ändern sich in China von Tag zu Tag.
Trotz der Luftverschmutzung, war ich sehr froh endlich wieder radeln zu dürfen, nachdem ich eine längere Pause in Chengdu einlegt hatte. Durch safftiges Grün, Bamboowälder, Orchideen-Pflanzen, Früchte-Plantagen und viele wunderschöne kleine Dörfchen bin ich durch. Anfangs war alles noch schön und gut, doch dann kamen die vielen vielen Hügel und Berge. Wind und Kälte mit teils Regen und Schnee machten das vorwärtskommen noch schwieriger. Vom ganzen Dreck und Lärm(Hupende Lastwägen,Busse,Autos,Motorräder) mal zu schweigen.
Auch konnte ich die langsame Veränderung von Menschen, Landschaften, Anbau und Kulturen erkennen. Die Verkaufsstände an den Straßen wurden je mehr südlich ich kam, mehr bunter, die Landschaften schwingten sich um Berge, immermehr Reisfelder wurden gepflegt und farbenreicher wurde die Kleidung der Menschen auch. Ich hatte mir diese Route Richtung Hongkong ausgesucht, weil ich durch das Leben der vielen ethnischen Völker fahren wollte. In der GuangXi-und GuiZhou Provinz konnte ich zugehörige der \“Miao\“ und \“Dong\“- Stämme sehen. Die \“Miao\“ sind auch in Vietnam, Laos und Thailand verbreitet, dort aber werden sie als \“Hmong\“ benannt. Auf meiner letzten Reise durch Südost-Asien, hatte ich bereits das Glück sie anzutreffen.
Ihre farbenfrohe Kleidung sticken und nähen sie sich immer noch selbst. Darin wird ihr Geschick sichtbar, dass auch für die Vermählung wichtig ist. Auch verewigen sie darin ihren Wohlstand. Besonders für die Geburt ihres Kindes, geben sich die Frauen mühe. Für mich war das immerwieder ein Staunen, wenn ich sie entlang meiner Strecke beobachten konnte. Hinundwieder konnte ich an traditionellen \“Richtfesten\“ teilnehmen. Waren nicht gerade wenige. So ein Fest aber, findet etwas anders statt als in unserer Kultur. Dort sitzen auf jedem Balken Männer und halten etwas fest, damit das Gerüst nicht umstürzt. Unten am Boden wird viel Essen vorbereitet. Das geht so über paar Stunden.
Wieder zurück auf der Straße, suchte ich mir an sehr regnerischen/verschneiten kalten Tagen doch lieber ein günstiges Hotel als im Zelt zu übernachten. Hierbei Danke an Stephan Urban, Kreuzer Daniel und Aring Daniel aus Waldmünchen für die \“Einladungen\“ in die Hotels. Somit habe ich die durchnässte Kleidung trocken gebracht und jeweils am nächsten Tag konnte es weiter gehen. In einem Hotel aber, musste ich spät Abends raus aus dem Zimmer, weil mich die Polizei sprechen wollte. Eine reine Kontrolle meinten sie. Sie wollten eine Kopie meines Ausweises und wissen ob ich krank wäre(Schweinegrippe). Ausweiskopie \“Ja\“, krank \“Nein\“ antwortete ich. Sicherlich war das alles nur, weil in diesen Orten selten Reisende einkehren und sie sich nur wichtig machen wollten.
Am nächsten Morgen wurde es schlagartig frühlingshaft, die Sonne kam endlich durch den Smog durch und verwandelte das Ganze in eine traumhafte Kulisse. Grüne Berge, radeln entlang eines Flusses, Bergvölker auf den Straßen, wenig Verkehr und endlich Wärme! In solchen Momenten begreift man, wie wichtig und kostbar das Tageslicht und die angenehme Wärme der Sonne sind. Ich blühte wortwörtlich auf. Kurze Zeit später konnte ich auch bereits raus aus der wärmeren Kleidung und endlich (ich hoffte auch dass es dabei bleiben würde) rein in die kurze Hose und Tshirt. Es war traumhaft schön.
Als ich dann schließlich immer näher der \“nur noch 1000km\“-Grenze kam, kam das Gefühl \“Ich bin bald zu Hause\“ auf. Immerwieder durchspielte ich diesen Gedanken und verdrängte diese wieder. Schließlich war ich noch paar Tage unterwegs und wusste nicht was passieren würde. Ich freute mich umso mehr, als ich in kleine Städte (trotzdem rießig) kam. Dort konnte ich meiner Lieblingsbeschäftigung nachgehen. Dem Essen. Während der Zeit des Radfahrens kann ich sehr viel Essen. Die Küchenbesitzer staunten immer über meinen Hunger. Früh morgens und Abends bekochte ich mich selber, nur eben Mittags und Spätnachmittags suchte ich eine Küche auf. Morgens und Abends bekochte ich mich mit Müsli nach Eigenkreation und einfachen Nudeln.
Wie schon oben geschrieben braucht das Finden eines Zeltplatzes sehr viel Gedult und Ausdauer im Süden Chinas. überall wird etwas angebaut oder es steht etwas im Weg. Zum Favoriten wurden mit der Zeit abgeerntete Reisfelder. Super weich und einsam, wie es sich gehört.
An einem sonnigen Tag machte ich nach guter Distanz an einem Reisfeld mit schöner Landschaft halt und beschloss dort zu campieren. Mit Vorfreude ging ich ins \“Bett\“, denn ein wunderschöner Ort am nächsten Tag sollte folgen. YangShuo mit der atemberaubenden Landschaft, die auch auf dem 20RMB-Geldschein gedruckt ist. Die Luft erinnerte mich an die schöne Zeit vor paar Jahren als ich bereits dort war. Es war der Duft eines ganz besonderen Baumes mit kleinen gelben Blüten. Die Umgebung ist berühmt für die Kalkstein-Felsen. Zu meinen Gunsten fiel auch das Wetter aus. Nicht wie sonst vernebelt und trüb, erwartet mich an diesen Tagen purer Sonnenschein und hohe Temperaturen. Ich lebte wieder auf. Nach all den harten hunderten und tausenden Kilometern war ich nun hier.
Von hier aus hatte ich den letzten Internetkontakt mit Freunden und Familie vor meinem Ziel, Hongkong. \“Nur\“ noch knappe 650 Kilometer waren zu überwältigen. Ausgerechnet zum Schluß habe ich mich zum ersten mal verfahren. Nicht genau auf die Schilder geschaut, war wohl von der Schönheit der Landschaft, dem tollen Wetter und der Vorfreude in Hongkong anzukommen, abgelenkt. Ich büste damit ca.60km Umweg ein. Trotzdem ging es weiter, nur auf einer anderen Route. Wie heisst es schön; Kein Plan ist bester Plan.
Beim Aufschlagen der Mappe, wo auch bereits Hongkong zu sehen war, konnte ich nur Industriegebiet und Städte sehen. Nur sehr sehr wenig grün. Ich kenne bereits Chinas Städte und befürchtete bereits sehr schwieriges Finden eines übernachtungsplatzes. Erwies sich letztendlich aber als einfach. Der heftige Verkehr hingegen kam auf höchstniveau und es war abundzu sehr gefährlich überhaupt auf der Straße zu sein. Wenn nicht mitten in einer großen Stadt, so unterwegs im Industriegebiet. Lastwägen, Busse, Autos, Motorräder, alle hupend, vorbeirasend und das für ca.300km. Schön war also das Ende der Fahrt nach Hongkong nicht. Erst recht nicht, weil nichtmal die Einwohner in der letzten Stadt \“Shenzhen\“ wussten, wo überhaupt der Grenzübergang nach Hongkong ist. Ich orientierte mich nur nach der Sonne und Autos mit einem Kennzeichen aus Hongkong. Letztendlich kam ich an die Grenze an. War ich froh, als ich das Grenzgebäude betrat, endlich etwas saubere Verhältnisse, geregelter Verkehr, kein Gehupe würde mich erwarten.
So, nun noch schnell einen Nachweis, dass ich nicht krank bin ausfüllen und schon hatte ich einen Stempel mit 90 Tagen Aufenthalterlaubnis im Pass. Ich hatte Hongkong erreicht. Ich wollte jetzt nur noch an die Promenade fahren. Halt! Uj, was ist jetzt, fragte ich mich, als mich zwei Beamte stoppten. Ich darf nicht von der Grenze aus in die Stadtmitte fahren. Ausser ich habe eine Genehmigung. Wie komme ich dann rein? Entweder Bus, Taxi oder U-Bahn. Ich wählte letzteres. Was der Unterschied zu China und Hongkong ist, wusste ich im Vorfeld. In Hongkong werden Regeln eingehalten. So durfte ich nicht, ohne mein Rad irgendwie gegen Wegrollen zu sichern, einsteigen. Ok, kein Problem. Als ich in der Metro war begriff ich, dass ich in Hongkong sei, aber nicht, wie ich hierher gekommen bin. Mit dem Fahrrad?? Ich hatte in Erinnerung wie ich erst vor nicht all zu langer Zeit, diesen Ort per Anhalter verlassen habe. Nun war ich wieder hier nur auf einem anderem Weg. Unglaublich! Nach mehreren Stationen stieg ich dann aus, bereitete mich auf die letzten Kilometer Radfahren vor und los gings. Ups, die fahren hier ja links! Gar nicht so einfach das alles nun so gelassen zu steuern. Und nochmal Ups, hier ists ja noch enger als in China. Viel Platz ist in Hongkong zum Radfahren wirklich nicht. Ich komme trotzdem an der Promenade an und bin somit am Ziel.
Ich musste schmunzeln, als ich mein Rad ansehe mit dem Hintergrund der Skyline von Hongkong. Genau zum Sonnenuntergang, wunderschön! Die Freude aber war etwas durch das bereits hier gewesen zu sein, getrübt. Ich konnte nicht glauben, dass ich mit dem Rad hierher gefahren bin. Solch eine Distanz und eigentlich in so kurzer Zeit. Knapp 15000 Kilometer in acht Monaten. Gute 800 Stunden verbrachte ich alleine auf dem Sattel. Ca. 300.000 Kilokalorien habe ich verbrannt, jedoch bin ich kein Gramm leichter geworden. Es hat Material darunter gelitten. Wunderbare Menschen habe ich unterwegs getroffen.
Unglaublich, ich war angekommen!
Die Tage nach dem ankommen, widmete ich mehr dem zu Fuss unterwegs sein und die Stadtteile mehr zu erkunden, Berge und Strände mit eingeschlossen. Mir wurde klar, dass ich weiter möchte. Ich wollte eigentlich nach Japan und Korea doch dort ist gerade Winter und zu gerne würde ich Japan zu Frühling bereisen. Somit fiel mir die Entscheidung einfach und ich entschloss mich für die USA. Bis noch vor Monaten interessierte mich die USA kein bisschen. Gerade deswegen habe ich mich dafür entschlossen und kann es kaum abwarten endlich dort anzukommen.
Somit war Deutschland nach Hongkong \“nur\“ die erste Etappe meiner Radreise. Die zweite findet erstmal von Hongkong nach Hawaii statt.. danach sehe ich weiter…Kein Plan ist bester Plan.