Radreise von Eskisehir nach Yerevan
8.5. – 3.6.2009
Gut eine Woche verbrachte ich bei meinen Freunden in Eskisehir. Am ersten Reisetag wieder, fühlte ich mich wie voll aufgeladen. Darüber war ich natürlich sehr erfreut. Je weiter ich östlich der Türkei kam, wurde ich öfter eingeladen, die Menschen schienen mir auch noch mehr freundlicher als sie es bereits im Westen der Türkei waren. Leider aber nicht die Hunde. Es gab sehr viele Attacken, jedoch nur eine, in der ich wirklich Angst bekam und bereits mit schlimmsten rechnete. Bereits aus Entfernung sah ich einen von links auf mich zurennen, den konnte ich gleich mal mit einem Spritzer meines Pfeffersprays abwimmeln. Doch dann kam das Gemisch aus Wildsau und Tiger von rechts in rasantem Tempo auf mich zu. Er begann sofort nach mir zu schnappen, zu springen und überhaupt mich irgendwie zu fassen. Die Geschwindigkeit hatte bereits mein Pulsmaximum erreicht, dazu noch irgendwie die Beine abwechselnd in die Höhe reissen, auf den Verkehr achten und das Mistvieh außer Gefecht setzen. Schließlich gelang es mir dennoch einen Treffer auf die Schnauze zu erzielen. Weg war er. Mir blieben dennoch weiche Knie, Puls über 170 und eine hohe Geschwindigkeit. Ich radelte weiter und campierte an einem ausgetrocknetem Salzsee. Am Folgetag bewaffnete ich mich mit noch größeren Steinen(Handgroß), um mein Spray etwas zu sparen.
Mit jedem Tag eigentlich wechselte die Landschaft, die Fahrt wurde nie langweilig, dank auch an die Hunde. Auf Märkten, als ich mich mit Proviant eindecken wollte, bekam ich das Gemüse und Obst immer kostenfrei. Hinzu kam meist eine Einladung auf einen Tee. Da ich mir der Zeit paar Türkische Worte angelernt habe, wusste ich wie ich zu Danken hatte, jedoch war dieses Verhalten der Herren mehr als Danke. Ich wusste, dass sie es vom Herzen gaben. Daher habe ich auf Ihr Herz getippt und dazu \“Turkiye\“ gesagt. Sie verstanden sofort und freuten sich umso mehr.
Ich freute mich abundzu auch sehr, als mich Frauen begrüssten oder wenigstens ein Lächeln schenkten. Denn Frauen sind leider etwas benachteiligt und spielen eben nur die Nebenrolle. Nur selten kam ein \“Hallo\“ zurück, aber wenn dann mit einem Lächeln und das gab mir so viel!
Von der Salzwüste, wechselte die Landschaft wieder in die Berge. Ich kam nach Kappadokien. Ein Land für sich eigentlich. Spektakuläre Felsformationen \“wachsen\“ hier aus dem Boden. In vielen von ihnen wohnen sogar die Einwohner oder werden als \“Zimmer\“ vermietet. Besonders in der Kleinstadt \“Göreme\“, sieht man diese Skulpturen. Es steht auch unter dem Schutz der \“UNESCO\“. Natürlich ist so ein Ort dann sehr stark besucht. Touristen aller Welt kommen hierher und bestaunen diese Gegend. Angepasst hat sich dieser Ort auch. Hotels, Gästehäuser, Café-Häuser, Souvenire und allerlei anderer Service werden angeboten. Für mich also kein Ort zum bleiben. Ich radle weiter und komme an einen Hügel mit der Aussicht auf ein Dorf. Links von mir höre ich den Bauern bei seiner Feldarbeit, der mich bei Feierabend besuchten kommt und meint ich sollte ins Dorf auf einen Tee kommen. Ich dankte für die Einladung, aber ich wäre kurz vorm Schlafengehen. Er verabschiedete sich mit gut-duftenden Blumen.
Wie schon geschrieben, veränderte sich die Landschaft eigentlich Tag für Tag, so war ich nun in mitten von grünen Weiden, mit Flüssen, Seen und nur kleinen Hügeln. Tage später bereits in hohen Bergen. Ich hatte meinen ersten Pass mit 1200 Höhenmeter Aufstieg vor mir. Ich war überrascht, wie sehr ich mich seit Abfahrt von zu Hause trainiert hatte. Es ging einfacher als ich gedacht hätte. Am Weg hinauf, kam mir vom Straßenrand auch kurz eine Schlange mit sehr schönem Geräusch auf mich zu, einen kleinen Schlenker nach links und ihr Kopf senkte sich wieder, dann noch schnell ein Foto als Erinnerung.
Die Weiden blühten hier in den Bergen jetzt so richtig auf. Was ich bereits in Ungarn, Serbien und Bulgarien gesehen hatte, fand ich hier wieder. Den Frühling. Wunderschöne Farben von überall. Als ich dann endlich am Schwarzen Meer rauskam, kam der Duft vom Meer hinzu. Alles passte zusammen. Die Farben, der Duft, die Umgebung, das Wetter, einfach alles. Ich radelte der Küste entlang. Musik in den Ohren und ideale Verhältnisse zum Reisen. Ich war überglücklich. Bei einem Freund blieb ich für paar Tage als Erholung der letzten zwei Wochen nur Zelten, ohne Pause, 1200 km und viele Bergpassagen.
Es stand der Abschied aus der Türkei vor der Tür. Ich hätte aber nicht gedacht, dass es so schön werden würde. Dutzende Delphine begleiteten mich am Weg Richtung Georgien. Einer nach dem Anderen Sprang aus dem Wasser auf einer Strecke von über 20 Kilometer, mit denen ich mitfuhr. Ich konnte es kaum glauben.
In Georgien, das vor Jahren der Sowjetunion zugehörte, lernte ich erstmal neue Sitten kennen. Vodka oder Wein zu Trinken, wenn man eingeladen wird. Ein \“Nein\“ wird selten verstanden oder berücksichtigt. Auch ist mir gleich nach Grenzübergang aufgefallen, dass viele Autos aus Deutschland stammen, bereits aber mit viel Spachtelmasse verschönert wurden und ohne Stoßstangen fuhren. Soll aber nicht heißen, das Land hätte nichts anderes zu bieten. Die Natur, viele Burgen, Kirchen und Klöster, lecker Käse und Brot und natürlich die Gastfreunlichkeit. Zwar konnte ich letzteres nicht so intensiv erleben wie in der Türkei, war aber dennoch herzlich. Besonders bei einer Bauernfamilie im kleinen Kaukausus Gebirge. Ich fragte (in slawischer Sprache)eigentlich nur, ob ich im Garten nächtigen dürfte, es kam nur ein \“Da Da\“ also \“Ja natürlich\“ aber gleich wurde ich auch ins Haus eingeladen um dort zu nächtigen. Sofort kam die Familie zusammen. Frau deckte den Tisch, Tochter bereitete das Essen, Sohn und Vater fragten mich aus. Hinzu kam noch der Nachbar. Das Essen, alles hausgemachte Produkte vom Feld und Kuhmilch gaben mir Energie, die ich für den nächsten Tag brauchte. Es ging über einen weiteren Pass. Diesmal mit doppelter Höhe als die in der Türkei. Auf 2025m radelte ich auf Schotter, Matsch und Schnee. Auch hier staunte ich über meine Leistung. War es das Essen am Tag zuvor, das Frühstück oder doch das, dass mir die Familie mitgeben hat für Mittag? Egal, ich war oben voller Energie und Zufriedenheit!Wunderschöne Aussicht. Schneebedeckte Berge, Menschen dick eingekleidet und ich in kurzer Hose mit dem Rad unterwegs.
Den Pass runter folgte ich auf der anderen Seite wieder runter. Mehrere Kilometer mit angezogenen Bremsen. Gleiche Piste wie auch Bergauf. Schotter, Schlaglöcher, Flüsse zum überqueren, Matsch und Schnee. Ich erreichte noch am gleichen Tag leerstehende Scheunen und auch belebte Häuser. Ich frage ob ich dort Nächtigen dürfte, sie meinten es wimmelt hier von Wölfen und es deswegen nicht sicher sei. Daraufhin suchte ich mir die für mich am sichersten aussehende Scheune aus und nächtigte weich auf Heu. Super wars! Von Wölfen keine Spur.
Nach dem Frühstück, Nudeln mit Gemüse, Wurst und Käse, radelte ich weiter bis ich ein leerstehendes Haus sah und dort einkehrte. Zum Glück auch. In der Nacht fing es an zu Schneien und später musste ich über einen weiteren Pass. Auf diesem aber tobte ein Schneesturm. Ich kleidete mich dem Wetter entsprechend und raus gings. Bei Schnee, Kälte, Matsch, trüber Aussicht fuhr ich Richtung Armenien. Auch dieses Land war vor Jahren ein Teil der Sowjetunion. Kaum hatte ich ein neues Visa für 30 euro und Aufenthalt von 120 Tagen im Pass, kam die Sonne raus. Kurzes Stück weiter super Straßen und es wurde wärmer. überglückliche Momente! Links und rechts von mir schneebedeckte Berge, freundliche Menschen, mit dem Rad sehr zufrieden, dass es bis jetzt alles heil überstanden hat, so solls sein, dachte ich mir. Ich radelte weiter in die Hauptstadt Yerevan. Hier hatte ich wieder eine feste Unterkunft bei Freunden aus dem Iran. Die Stadt selber reizt mich überhaupt nicht. Luxus-Autos in Massen, kaum Lächeln und geschaut wird sehr auf Materialimus. Auch soll hier sehr stark die russische Mafia arbeiten. Zu sehen ist es auch an den Nummernschildern, die man sich bei der Polizei kaufen kann, man wird somit nicht angehalten oder bei sonstigen Fällen wird man durchgelassen. Alles nichts für mich. Ich hoffe ich bekomme bald mein Visa für den Iran, denn dann kann ich wieder raus aus dieser Stadt und rein ins Leben.