Radreise von Waldmünchen nach Belgrad
29.3. – 14.4.2009
Der Tag der Abfahrt war gekommen. Es war ein komisches Gefühl aufzustehen und zu wissen, dass es vorübergehend das letzte Mal im eigenem Bett war. Leider blieb mir nicht mehr Zeit sich mit diesen Gedanken intensiv auszusetzen, denn auch am Tag der Abreise hatte ich noch Sachen zu erledigen. Ein Glück, dass ich schon gepackt hatte!
Dann war es soweit, kurz vor neun der Sommerzeit. Ich schnallte die Gepäcktaschen auf und rollte zum Marktplatz hinunter. Dieses erste Stück radelte ich zum ersten Mal mit vollgepackten Taschen und deren Gewicht. Ganz schön wackelig, sagte ich mir, das kann ja was werden.
Bürgermeister Franz Löffler, Familie, Freunde, Sponsoren und Bekannte waren gekommen, mich zu verabschieden. Als dann noch Radlfreunde waldmünches hinzukamen, fiel mir auf, dass ich meinen Helm vergessen hatte. Ich war eben noch nicht so ganz bei der Sache. Letzt endlich, als Fotos für Presse aufgenommen waren, ich am Kopf geschützt, kam die Verabschiedung. Ich startete mit gemischten Gefühlen. Auch wusste ich bis zum Marktplatz nicht, welche Route ich fahren sollte. Gleich durch Tschechien oder erstmal über Deutschland der Donau entlang. Ich entschloss mich für den flachen Donauradweg, der als guter Einstieg gilt.
Ein kleines Stück begleiteten mich die Radlfreunde Waldmünchens. Danach war ich wieder auf mich alleine gestellt. Vor elf Monaten war ich erst von meinem 16-monatigen Trip durch Asien gekommen und nun schon wieder weg, dachte ich mir. Bis ich in Deggendorf ankam, hatte ich erst jetzt Zeit zum Nachdenken, was ich noch eigentlich einpacken wollte. Ich ließ das vergessene nach Wien zu Freunden schicken, da ich dort meine erste große Pause einlegen wollte.
Nach insgesamt 4,5 Radltagen und 526km, war ich in Wien angekommen. In dieser Zeit folgte ich ständig der Donau und kam sehr gut voran. Keine großen Steigungen aber auch keine Gefälle. Etwas viel Gegenwind kam gegen Ende der ersten Woche. Tag für Tag wurde mein Kopf immer klarer und leichter. Die Hauptaufgabe war eigentlich nur einen sicheren und unauffälligen \“Zeltplatz\“ zu finden. Essen hatte ich noch genug dabei. Wasser filterte ich mir aus Bächen oder anderen Leitungen heraus.
Das Wetter bis auf den Wind, spielte einwandfrei mit. Zwar nicht am Starttag, denn da war es kalt, trüb und später auch noch regnerisch. Sonst war es mehr radln wie im Sommer. In Wien erholte ich mich sehr gut und baute auch bereits paar Teile am Rad um. Andere Lenkergriffe und einen höheren Vorbau montierte ich dran. Ein komplett neues und sehr angenehmes Fahrgefühl entstand. Mit Freunden vor Ort, begannen wir auch die Grillsaison an der Donau. Weiter ging es nach Bratislava, die Hauptstadt der Slovakai. Die Beschilderung des Donauradwegs änderte sich gleich ab der Grenze und wurde auch immer seltener und die Wege schlechter. Dafür kamen hunderte andere Freizeit begeisterte Menschen auf die Piste und es wurde ziemlich eng. Kurz nachdem ich die Hauptstadt hinter mir gelassen habe, wurde es wieder leer. Aus geteerten Radwegen wurden holprige Wege und schließlich Feldwege. Immer der Donau entlang. Kurzer Hand aber entschloss ich dann doch auf die ebenen Straßen zu wechselen und so das Material zu schonen und meinen Hintern auch. Bereits zwei Tage nach Bratislava erreichte ich Budapest. Wegen vieler Baustellen und auch sonst schlechter Beschilderung, brauchte es seine Zeit sich da durch zu schlängeln. Sehr freundliche Ungaren aber begleiteten mich durch die Stadt, bis ich wieder am Richtigen Weg war. Die Kommunikation war in Englisch, was mir sehr gefallen hat, meine Sprache Asiens benutzen zu können. Je weiter südlich des Landes ich kam, um so mehr gefiel es mir. Menschen begannen draussen zu sitzen und die sonnigen Tagen zu nutzen, alles rundherum blühte in voller Pracht und auch ich spürte meine Freiheit schön langsam. Aus Erfahrung weiss ich, dass es anfangs schwer ist loszulassen, die ersten ein bis zwei Wochen sind bei mir schwer, doch mit der Zeit verfällt dies und ich komme in \“Fahrt\“.
Ab der Slowakai ist das übernachten draussen im Zelt ohne Probleme, gestattet ist es überall, kommt es mir vor. Ich suche dennoch etwas abgelegene Plätze auf, um auch Nachts ungestört und sicher zu sein. Sonnenuntergänge und-Aufgänge bestimmen eigentlich meinen Tagesablauf. Am Ende des Tages liege ich mit vollem Magen bereits im Zelt und durchschlafe wir ein ruhiges Kind die Nacht, bis mich die Vögel weich aufwecken und die Sonne die ersten Wärmestrahlen sendet. Dieser Rhythmus gefällt mir sehr gut und ich bin verwundert wie schön das ist.
Noch in Ungarn besuchte ich ein Restaurant und ließ mir hausgemachten Gulasch servieren danach ging es über die Grenze nach Serbien. Als ich einen weiteren Stempel in meinen bereits dicken Ausweis bekommen habe und der Zöllner meine Vergangenheit anhand der Einträge im Pass durchblätterte, fragte er wohin es ginge. Ich mit einem Lächeln,\“ Nach China.\“ Er klatschte sich die Hand an die Stirn und überreichte mir den Pass.
Von Anfang an hat mir Serbien gefallen. Etwas lockerer, die Menschen freundlicher, offener, hilfsbereiter, interessierter und überhaupt das gesamte Flair gefiel mir vom ersten Moment. Schon über den Klatsch auf die Stirn konnte ich lachen. Weiteres Positives kommt hinzu, dass auch hier die slawische Sprache gesprochen wird, die auch mir mächtig ist. Zwar gibts immerwieder andere Verständnisse, wo ich dann ins englische übergreife aber schön ist es trotzdem. Aja, die Schrift ist hier auch anders. Beziehungsweise man wendet zwei an, die Kyrillische und lateinische Schrift.
Für die erste übernachtung in Serbien fand ich eine Familie auf, die sich auf der Terasse mit rießigem Garten aufhielt. Ich fragte, ob ich mein Zelt aufstellen könnte für die kommende Nacht. Selbstverständlich meinten Sie. Kurz danach, gab es ein Bier, etwas zu Essen und zu guter Letzt eine selber gemachte Wurst vom Hirsch und Wildschwein. Nachts konnte ich Wildschweine um mein Zelt sehen und hören. Unheimlich war das schon, wusste gar nicht, dass sie SOOO groß und schnell sind. Morgens, wieder mit der Sonne auf geworden, sprich um kurz vor sechs Uhr, kochte ich etwas zu Essen, pflegte meinen Körper, baute mein Zelt ab und verstaute alles wieder am Rad. An diesem Tag wehte der Wind im vollen Maße. Sehr schwer ging es voran. Ich hätte an diesem Tag mit dem Erreichen der Hauptstadt Belgrad gerechnet aber dem wurde nicht so. Es freute mich immerwieder zu sehen, wieviele Leute sich lieber draussen aufhalten als im Haus. Es erinnert mich an Asien. Bin also gar nicht mal mehr so weit weg vom Ziel, dachte ich mir.
Auf den Straßen bis jetzt geht es gemischt zu, entweder rassen die Autos an mir vorbei, fahren langsam und winken mir oder es ist nichts los und ich habe die Fahrbahn für mich alleine. Generell aber sind die Straßen schlecht. Nachdem ich mich am Vortag dazu entschlossen habe, wegen dem starken Windes eher aufzuhören und länger zu pausieren, kam ich bereits Mittag des Folgetages in Belgrad an (Kilometerstand am Tacho, 1317km). Die Gebäude sprechen aus der Vergangenheit und was alles passiert ist. Man sieht immernoch teils zerbombte, stark verrusste und beschädigte Häuser. Trotzdem all dem gefällt es mir hier. Die Menschen sehr hilfsbereit, als ich nach dem Weg fragte. Bei meiner Unterkunft, eine Freundin aus dem Internet, werde ich gleich in der Wohnung mit Essen und Trinken begrüsst und mir auf Englisch mitgeteilt, dass ich mich wie zu Hause fühlen sollte. Ich freue mich sehr hier sein zu dürfen und auch dass ich wieder on tour bin.